Angebot und Nachfrage

Wenn das Baby aktiver wird, Krabbeln und sogar Laufen lernt, wird auch der Appetit des Kleinen größer. Das merkt die stillende Mutter natürlich sofort am eigenen Leib. Ich höre von diesen Müttern dann oft entsetzt: „Ja, soll ich jetzt alle fünf Minuten stillen?“ Zu diesem Zeitpunkt kommt dann meist der Wunsch, zuzufüttern, denn erstens wird man von vielen Ärzten komisch angeguckt, wenn man nach 10 Monaten immer noch keinen Brei füttert und zweitens wird die Angst verbreitet, das Kind würde nicht genug Nahrung zu sich nehmen, da die Muttermilch ja nicht reiche. Doch viele Babys lehnen Brei ab. Ich selbst habe es auch mit Brei versucht, doch unsere Tochter fand diesen nie wirklich anziehend. Die mütterliche Brust war und ist immer interessanter und scheinbar auch köstlicher. Was jedoch viele vergessen: Hier kommt der Ursprung des „Angebot-Nachfrage“-Prinzips zum Tragen. Wenn der Bedarf des Kindes größer wird, passt sich auch die Menge der Muttermilch an. Das heißt, wenn das Baby nun saugt, kommt deutlich mehr Milch in kürzerer Zeit. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass das Kind eben nicht alle fünf Minuten gestillt werden muss, sondern die Abstände ebenso wie bei Brei größer werden können. Und genau dieses Prinzip sorgt auch dafür, dass die Muttermilch nicht weniger wird. Es ist ein Irrglaube, dass man nach einem Jahr keine Milch mehr produzieren würde. Das passiert nur, wenn der Bedarf des Kindes nachlässt.
Die Stillzeit steht bei allen Säugetieren in Beziehung zu der Zeitperiode, die zum Beenden der Entwicklung erforderlich ist. Braucht ein Tier also lange, um selbstständig leben zu können, ist auch die Stillzeit lange. Der Mensch braucht länger als jedes Tier in der Natur, um sich zu entwickeln. Daraus folgt, dass auch seine Stillzeit länger sein muss. In ursprünglichen Völkern dauert die Stillzeit drei bis fünf Jahre und sogar noch länger. Dort fragt sich sicher keine Mutter, ob die Milch nach einem Jahr noch reicht.

Natürlich ist es auch kein Verbrechen, dem Kind Brei zu geben. Es gibt dazu verschiedene Bewegungen. Es gibt die Befürworter der Selbsterfahrung, die sagen, dass das Kind Nahrung in seiner Ursprungsform, also als Rohkost oder gekocht, kennenlernen soll und Brei eine Erfindung der Lebensmittelindustrie sei. Und es gibt die Befürworter des Breis, die spätestens ab dem 6. Lebensmonat Brei empfehlen.
Ich persönlich bin kein Gegner des Breis, habe aber selbst die Schattenseiten davon kennengelernt. Als unsere Tochter „endlich“ – so wünscht es sich ja der Arzt – Brei aß, wollte sie plötzlich (neben dem Stillen) alles nur noch in Breikonsistenz essen. Obwohl sie also genug Zähne hatte, aß sie ungefähr bis zum 15. Lebensmonat alles nur püriert. Das war vor allem in der Kita umständlich. Auch ist der Brei unnötig teuer und die wenigsten haben Lust, jeden Tag Brei zu kochen oder die Tiefkühltruhe mit Gläschen voll zu stopfen.
Es gibt absolut nichts, was dagegen spricht, ein Kind noch über das erste Lebensjahr hinaus voll zu stillen. Der kindliche Körper bekommt darüber alles, was er braucht, und die Milchproduktion kann dem definitiv Schritt halten.
Ich empfehle, dem Bedürfnis des Kindes zu folgen. Wenn es Interesse am Essen der Eltern hat, soll es dieses bekommen, in die Hände nehmen, damit spielen. Je spielerischer es Nahrung kennenlernt, desto mehr Interesse wird es daran haben. Ich würde Brei definitiv weglassen beim nächsten Mal. Ein Kind verlangt nicht danach. Wenn, dann will es das essen, was die Eltern essen und das ist sicher kein Brei.

Ergänzung zum Thema Stillen: Ich konnte nicht stillen

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3 Gedanken zu „Angebot und Nachfrage

  1. Theoretisch stimme ich dir voll zu, hätte es auch gerne so gemacht. Praktisch sah es bei mir anders aus: „Angebot und Nachfrage regeln das Stillen“ und „jede Frau kann stillen, muss das Baby nur oft genug anlegen“- diese Sätze haben mich bei meinem 1. Kind schwer belastet. BIs zur 4. oder 5.. Woche habe ich es mit ganz ganz häufigem Stillen bis hin zu Dauerstillen probiert, aber die Milch reichte nicht so ganz aus (wir hatten in der 1. Woche nochmal einen Krankenhausaufenthalt und das ist glaube ich der Grund gewesen, dass der Milcheinschuss nicht so richtig in Gang kam?) Meine Hebamme unterstützte mich prima mit allen möglich Tricks, aber irgendwann sah ich in die Augen meines Babys und ich sah, sie hat mehr Hunger als ich ihr geben kann (die Gewichtsentwicklung zeigte das Gleiche an). Da habe ich immer erst gestillt und danach Fläschchen gegeben. So haben ich weiter gestillt bis zum 10. Monat wo dann langsam die Milch so wenig wurde, dass es meiner Tochter zu viel Aufwand war zu saugen, für das was rauskam :-). Jetzt beim 2. Kind konnte ich 5 Monate voll stillen, aber seit er 3,5 Monate ist musste ich alle 2 Stunden stillen, abends auch stündlich und nachts auch alle 2 bis 2,5 Stunden. Also auch häufiges Anlegen hat die Milchbildung nicht weiter angeregt. Deshalb habe ich jetzt Mittags- und Abendbrei eingeführt (um keine Milchflasche mehr anfangen zu müssen) und so reicht meine Milch wieder aus und Sohn ist glücklich und zufrieden. Ich dann auch :-). Ich habe das nur so ausführlich geschrieben, damit sich Mamas, die auch „Probleme“ mit dem „Angebot“ haben, sich vielleicht nicht so einen Kopf machen, wie ich damals.
    LG
    Petra

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    • Danke für die Ergänzung! Die ersten Tage, ja eigentlich die ersten Minuten nach der Geburt nehmen extremen Einfluss auf die Fähigkeit des Stillens. Das ist tatsächlich keine Willensfrage, sondern hängt sehr stark von den Gegebenheiten der Geburt ab.
      Am Ende zählt, womit sich Mutter und Kind am besten fühlen. Und wenn das eben nicht das Stillen ist, dann ist das auch in Ordnung. Ich kenne auch Mütter, die liebend gerne ein Jahr gestillt hätten, aber das Baby mit fünf Monaten einfach nicht mehr wollte, obwohl genug da war. So ist das halt manchmal. Da gibt es kein allgemein gültiges Rezept. Kinder sind so feinfühlig. Es ist besser die Flasche zu geben, statt sechs Monate unter Qualen zu stillen.

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      • Die Gegebenheiten bei meinen beiden Geburten waren sehr unterschiedlich: 1. Kind: wurde mir erst sehr spät angelgt (als Erstgebärende hatte ich ja keine Ahnung…) beim 2. Kind wurde das ziemlich schnell nach der Geburt gemacht, als es auf meinem Bauch lag und ich traute mich da auch selbst ran – ist halt doch einfacher, wenn man es schon mal gemacht hat 🙂

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