Ergänzung der Reihe „Innere Größe“

Aus gegebenem Anlass möchte ich den Leitartikel Innere Größe um einige Sätze ergänzen.

Ich erhielt eine Rückmeldung eines Lesers, dass man nicht alle Entscheidungen der Eltern mit dem Satz „Eltern sind die Großen, Kinder die Kleinen“ gutheißen könne. Der Leser hob hervor, dass es sehr wichtig sei, Entscheidungen und Meinungen zu begründen und nicht einfach durchzusetzen. Seiner Meinung nach seien Kommunikation, klare Regeln und nachvollziehbare Konsequenzen wichtig.

Darauf möchte ich kurz eingehen:

In meinem Leitartikel beschreibe ich, dass Kinder und Erwachsene gleichwertig, aber nicht gleich sind. Natürlich ist das jedem klar. Doch in der Praxis läuft es dann oft anders ab.

Keiner sagt, dass Erklärungen falsch seien. Ganz im Gegenteil! Ich erkläre meiner Tochter alles und selbstverständlich auch jede meiner Entscheidungen. Es gibt aber auch Entscheidungen, deren Gründe versteht sie noch nicht oder will sie nicht verstehen, egal wie oft ich sie erkläre. Dennoch ist es vielleicht für mich eine wichtige Entscheidung. Dann besinne ich mich darauf, dass ich die Große bin und setze diese Entscheidung durch. Im Einklang mit ihr. Ich breche nicht ihren Willen, sondern zeige ihr sanft, dass es mir wichtig ist, dass sie nun so handelt. Ich lasse nicht mit mir verhandeln, ob ein Messer ein gutes Spielzeug sei oder ob meine Tochter den Topf mit der heißen Suppe alleine tragen könne.

Alle Beispiele, die ich in den vorigen Artikeln beschrieb, waren mit viel Erklären im Vorlauf verbunden. Es wirkte nur leider nicht. Deshalb ist die innere Haltung des Erwachsenen so wichtig. Ich sehe immer mehr Eltern, die aus Angst vor dem Schreien ihrer Kinder vielen Situationen aus dem Weg gehen. Dann sind sie innerlich klein. Sie fürchten sich vor ihrem eigenen Kind. Ich befürworte keineswegs schreiende Kinder. Aber ich lehne es ab, wenn Kinder ihr Schreien als Machtmittel entdecken. Dann fühlen sie sich “größer” als ihre Eltern, was sie aber nicht sind. Sie sind und bleiben die Kleinen gegenüber ihren Eltern. Keiner verlangt, dass sie zu allem ja und ahmen sagen. Sie sollen diskutieren und ihre eigene Meinung entwickeln. Eltern sind dafür da, sie zu fördern, ihnen die Großartigkeit der Welt zu erklären und ihnen Sicherheit sowie innerhalb klarer Grenzen Freiheit und Entfaltung zu bieten.

Vielen Dank für den kritischen Kommentar, der bewirkt hat, das Thema noch verständlicher zu beschreiben.

Hier ist ein weiterer Artikel zum Thema zu finden: Kinder heute: willensstark oder schlecht erzogen?

3 Gedanken zu „Ergänzung der Reihe „Innere Größe“

  1. Ich muss ehrlich sagen: Ich mag diese Reihe sehr. Natürlich habe ich mich selbst eingehend mit dem Thema „Erziehung“ beschäftigt, und bin sehr bald zu einem Entschluss gekommen welcher dazu führt, dass ich es ganz ähnlich handhabe wie du. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich bzw. wir damit ziemlich gut fahren bei meinen Kindern. Ich habe weder den Eindruck, dass sie eingeschüchtert sind oder mir nicht vertrauen, noch das andere Extrem, dass sie mir auf der Nase herumtanzen. Natürlich versuchen sie eigentlich immer wieder, Grenzen auszutesten oder Regeln neu zu verhandeln, aber es fühlt sich „richtig“ an und deshalb werde ich bei dieser sogenannten „autoritativen Erziehung“ bleiben.

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  2. Danke für den Artikel, der hat meinen inneren Konflikt von konsequent-sein und nicht-Willen-brechen-wollen ein wenig erleuchtet ;-). Du erklärst also auch erst etwas und erst wenn es nichts bringt, dann setzt du es durch mit der inneren Haltung: Ich bin die Große du die Kleine. Habe ich das richtig verstanden?

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    • Genau. Es ist ein Abwägen, wie wichtig es mir in dem Moment ist, dass meine Tochter meinem Wunsch folgt. Manchmal sehe ich ein, dass ihr Einwand berechtigt ist. Dann gebe ich nach. In anderen Situationen wiederum erkläre ich ihr zuerst die Situation und setze meinen Wunsch durch, wenn sie es partout nicht einsieht. Mir ist dabei wichtig, dass es eindeutige Situationen gibt, in denen sowohl ich als auch mein Mann immer gleich reagieren. Diese haben wir so gut es geht vorher geklärt, damit für uns und auch für unsere Tochter klar ist, wann es definitiv keine Diskussion gibt, weil es sich beispielsweise um eine gefährliche Situation handelt.
      Wenn ich überlege, ob ich nun nachgebe oder meinen Wunsch durchsetze, habe ich stets im Kopf, dass auch ich mich irren kann. Dann entschuldige ich mich sogar und bleibe dennoch innerlich groß. Irren ist auch nur menschlich, und nur weil ich die Mutter bin, muss ich nicht so tun, als würde ich nie Fehler machen.

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