Abtreibung? Nein, ich schaffe das!

Ich war 22 Jahre alt und hatte noch ein Jahr bis zum Abschluss meines dualen Studiums. Mein Freund und ich kannten uns zwar schon mehrere Jahre, waren aber erst seit einem Jahr ein Paar und gerade in eine gemeinsame Wohnung gezogen. Zwei Wochen nach Umzug stand ich mitten in der Nacht spuckend vor dem Klo. Was war das jetzt?

Schwanger! Ich stand allein in der Küche und starrte auf das Testergebnis. Meine Gedanken überschlugen sich. Eine Verlängerung des Studiums war meist mit Kündigung des Unternehmens verbunden oder bedeutete zumindest, dass ich die hohen Semestergebühren selber zahlen müsste. Ich wollte nach dem Studium die Karriereleiter besteigen.

Ich erinnere mich an diesen kleinen Moment zwischen Feststellung der Schwangerschaft und dem Chaos in meinem Kopf: Freude.

Dann Zusammenbruch. Ich rief meinen Freund an. Er reagierte erfreut, dann Seufzen. Was machen wir jetzt? Wir waren beide noch Studenten mit wenig Einkommen.

In den nächsten Tagen informierten wir unsere Eltern. Ich bekam Anrufe mit Beschimpfungen, ich würde das Leben meines Freundes zerstören, wenn ich mich dafür entscheiden würde. Wir hätten noch so viel vor uns und sollten das nicht durch so eine Entscheidung kaputt machen. Mein Freund und ich verbrachten zwei Wochen heulend auf dem Sofa. Arbeit, weinen, Arbeit, weinen.. Ratlosigkeit..

Im Raum stand das Wort „Abtreibung“. Es kreiste über jedem Gespräch. In mir schrie es, als wollte mich jemand umbringen. Zum Glück signalisierten mir meine Eltern, dass sie mich mit jeder Entscheidung unterstützen würden und auch daran glaubten, dass wir es als junge Eltern mit Kind schaffen würden.

Nach zwei Wochen saß ich allein im Bus. Ich schloss die Augen, konzentrierte mich auf einen ruhigen Punkt in mir. Und auf einmal schoss es mir in den Kopf: Ich schaffe das! Das ist mein Körper, und egal, ob mein Freund die Entscheidung mit mir trägt, ich werde kein Leben in mir zerstören. Noch nie in meinem Leben hatte ich eine solche Klarheit gespürt. Ich sprach innerlich ein Gebet aus, dass mein Freund diesen Weg mit mir gemeinsam gehen möge.

Eine Stunde später – ohne ein Gespräch dazwischen – erhielt ich eine SMS von ihm, in der stand: „Wir schaffen das! Das Leben wurde uns geschenkt.“

Eine Woche später machten wir ein gemeinsames Coaching bei meiner Mentorin, die mich damals bereits seit drei Jahren ca. zweimal im Jahr zu allen Themen des Lebens begleitete, und richteten uns voll und ganz auf unsere Liebe als Paar aus.

Die Monate vergingen. Es war eine sehr entspannte Schwangerschaft. Wir entschieden, unser Kind im Geburtshaus zur Welt zu bringen. Das Unternehmen, in dem ich arbeitete, kündigte mich nicht, sondern ermöglichte mir Urlaubssemester, und sicherte mir auch zu, die restlichen zwei Semester zu bezahlen, wenn ich aus der Elternzeit zurück sei. Mein Freund schrieb die letzte Klausur des Studiums. Wir feierten diesen Abschluss bis in den Abend und lagen um 1 Uhr morgens im Bett. Um 2 Uhr begannen die Wehen. Einen Tag vor Entbindungstermin. Unsere Tochter kam nach einer wundervollen Geburt gesund und munter zur Welt. Unsere ganze Familie war von Glück erfüllt. Alle Turbulenzen vergessen.

Als unsere Tochter ungefähr ein halbes oder Dreivierteljahr alt war, kamen in mir seltsame Gefühle hoch. Ich bat meine Mentorin um ein Coaching. Wir sprachen kurz, dann brach es aus mir heraus. Die Tränen liefen mir über die Wangen. Ich fühlte mich so schuldig. Wie konnte ich auch nur eine einzige Sekunde damals an eine Abtreibung denken? Der Gedanke, ich hätte dieses wundervolle Leben, das mich gerade freundlich anstrahlte, mit einem Wort töten können, zerriss mir das Herz. Meine Mentorin löste mit mir gemeinsam diesen Schmerz auf. Ich fühlte mich verbunden mit allen Frauen dieser Erde, die diese Entscheidung getroffen hatten. Ich spürte den Schmerz in ihrer Seele. Und dann ließ ich alle Schuldgefühle zurück, richtete mich auf und dankte für die Kraft, die es mir ermöglicht hatte, dem Leben zu vertrauen und ins Ungewisse zu springen. Das innere Wachstum, das ich seitdem durchlebt habe, ist unbeschreiblich. Und das Auflösen dieses letzten Schmerzes war ein weiterer Schritt, der unfassbar viel Positives ins Rollen brachte.

Seitdem habe ich unglaubliche Kraft in meinem Leben freigesetzt. Mein Körper und ich wurden zu einer Einheit. Mein (mittlerweile) Mann hat sich nicht dem Credo „Karriere über alles“ gebeugt, sondern war sich von Beginn seines Arbeitslebens der Bedeutung von Zeit bewusst und hat daher mit Selbstbewusstsein in kürzester Zeit mehr Gehalt gefordert, bis er schließlich als Vater von zwei Kindern eine Teilzeitanstellung bei gutem Gehalt heraushandeln konnte. Ich habe ebenso die Familie an erste Stelle gestellt und nicht das Jobangebot in einer anderen Stadt angenommen, was vielleicht die Beziehung zerstört hätte. Mein Mann und ich sind zu einer festen Einheit zusammengewachsen und leben eine tiefe Beziehung auf Augenhöhe. Auf Basis der damaligen Entscheidung haben wir eine immense innere Kraft entwickelt, die uns in jeder Lebenssituation hilft und den Mut gibt, unkonventionelle Entscheidungen zu treffen, die uns beide und die Familie stärken.

In allen Situationen begleitet uns konstantes Glück, das immer wieder zum Erfolg in unserem Leben führt. Nie hätte ich mir mehr Erfüllung im Leben vorstellen können, als ich es jeden Tag mit meinem Mann und meinen Kindern erlebe. Und all das begann damit, Verantwortung zu übernehmen und das Leben zu bejahen, statt mich der Angst vor dem Unbekannten zu beugen.

Welche Erkenntnisse fand die therapeutische Methode der Familienaufstellung?

Aus systemischen Aufstellungen ist in Hunderten Fallbeispielen belegt, welche Wirkung eine Abtreibung auf das Elternpaar und die Familie hat. Hier geht es nicht um ein moralisches Urteil oder eine religiöse Vorstellung. In einer Familienaufstellung wird sichtbar gemacht, was die betroffenen Menschen wirklich fühlen. Ohne Einfluss von außen oder gesellschaftliche Zwänge und Normen. Dort wird jedes Mal sichtbar, dass Mutter und Vater nach einer Abtreibung von tiefer Trauer durchdrungen werden – egal, unter welchen Umständen das Kind entstanden ist. Diese Trauer ist in der Tiefe da, auch wenn darüber nicht gesprochen wird. Ein solches Paar trennt sich danach in der Regel oder lebt eine distanzierte und erkaltete Paarbeziehung. Frau und Mann finden danach auf herkömmlichem Wege nicht mehr innerlich zusammen. Der Schmerz ist zu groß. Erst wenn sie sich ihren Gefühlen in der Tiefe stellen, haben sie eine Chance, wieder eine glückliche Beziehung zu führen. Geschieht dies nicht, ist zu beobachten, dass viele Frauen später depressiv werden oder andere schwere Krankheiten entwickeln. Der Vater wiederum erstarrt innerlich und spaltet sich immer mehr von seinen Gefühlen ab. Oft übernehmen die lebenden Kinder diese Gefühle und kämpfen ebenfalls später mit psychischen Krankheiten.

Derzeit wird diskutiert, ob ein pränataler Bluttest in der 10. Schwangerschaftswoche (nur bis zur 12. SSW wird die Durchführung einer Abtreibung empfohlen) zur Erkennung von Behinderungen eine Kassenleistung wird oder ob dieser weiterhin privat bezahlt werden muss.

Mit so einem Bluttest lassen sich nicht nur mit einer Wahrscheinlichkeit Anomalien der Entwicklung feststellen, sondern auch das Geschlecht eines Kindes. Privat Versicherte machen diesen Test bereits jetzt schon sehr oft. Ein Frauenarzt erzählte mir dazu einmal, dass er es verweigern würde, den Eltern in dieser frühen Schwangerschaftsphase das Geschlecht mitzuteilen, weil er es mehrfach erlebte, dass die Eltern das Kind abtrieben, weil es nicht das gewünschte Geschlecht hatte.

In meiner aktuellen vierten Schwangerschaft muss ich plötzlich einen Zuckertest machen, um eine Schwangerschaftsdiabetes frühzeitig zu diagnostizieren, obwohl es keinerlei körperlichen Anlass zu dieser Annahme gibt. Doch ohne diesen Test als optional oder „bei Bedarf“ zu deklarieren, hätte ich ihn nun laut Arzt durchführen müssen, würde ich nicht noch von einer erfahrenen Hebamme betreut werden, die mich aufklärte, dass ich es selbst entscheiden kann, ob ich dies für sinnvoll halte. Warum? Weil er mittlerweile Kassenleistung ist. Sicherlich ist so ein Test nicht verkehrt, wenn es Grund zur Annahme einer Schwangerschaftsdiabetes gibt. Doch genau dieses Beispiel zeigt, dass Verfahren, die durch die Kostenübernahme der Krankenkasse möglich sind, auch flächendeckend ohne Bedarf verordnet werden, weil sie Geld bringen und die Anwendung zudem als „nicht schädlich“ eingestuft werden kann.

Was bedeutet also so ein Test in der 10. Schwangerschaftswoche?

Es bedeutet, dass wir Gott spielen. Wir greifen in einen Prozess ein, den wir noch lange nicht verstehen. Und was die meisten immer noch nicht verstanden haben: Es handelt sich hierbei um Wahrscheinlichkeiten! Eine Wahrscheinlichkeit von 95% bedeutet immer noch, dass es mit 5% ein völlig gesundes Kind ist. Ebenso weisen alle Ärzte darauf hin, dass auch ein negatives Testergebnis (Kind nicht krank) nicht bedeutet, dass das Kind gesund zur Welt kommt. Es gibt diese Sicherheit nicht! Aber wir erzwingen dadurch eine unnatürliche Entscheidung, deren Grundlage auf Sand aufbaut. Plötzlich müssen Eltern, die auf ihr Wunschkind warten, überlegen, ob sie dieses Kind mit einer möglichen Einschränkung weiterhin „haben“ möchten.

Ich empfehle meinen Klienten, sich vor einem solchen Test die Frage zu stellen: Was bedeutet das Ergebnis für mich? Würde ich abtreiben? Und dann empfehle ich, sich mit einem behinderten Menschen zu unterhalten oder ihn sich vorzustellen. Könnten wir diesem Menschen sagen: „Dein Leben ist nichts wert.“? Denn genau das sagt eine solche Abtreibung in der Seele aus. Wir stellen das „gesunde“ Leben über das Leben mit Einschränkung, ohne ansatzweise eine Ahnung zu haben, wie die Realität am Ende aussieht. Fragen wir Eltern eines behinderten Kindes, ob die positiven oder negativen Aspekte des Zusammenlebens überwogen haben, antworten mindestens 95% der Eltern, wie dankbar sie für dieses Kind sind und dass es ihnen erstmals die Kostbarkeit und Freude des Lebens gezeigt hat. Und auch für Geschwister ist ein behindertes Kind ein großes Geschenk, weil sie die Chance haben, eine völlig neue Empathiefähigkeit zu entwickeln und mit anderen Augen auf das Leben zu schauen.

Ich habe mit vielen betroffenen Frauen dazu gesprochen. Frauen, die willentlich und unwillentlich ihr Kind abgetrieben haben. Und sie alle waren zutiefst in Trauer um dieses Kind, selbst wenn sie weitere gesunde Kinder hatten. Sie beschrieben entweder, dass sie danach nicht mehr zu innerer Lebensfreude finden konnten oder waren so stark von ihren Gefühlen abgeschnitten, dass sie nicht einmal mehr das beschreiben konnten. Sie fühlten sich einfach nur leer. Darunter waren auch Nonnen, die durch Vergewaltigung schwanger und zur Abtreibung genötigt wurden. Sie berichteten, dass es ihnen unter der Abtreibung ergangen sei, als hätte man sie selbst getötet. Obwohl das Kind nicht in einem Liebesakt entstanden war, fühlten sie doch die große Bindung zu diesem Leben und würden heute alles dafür geben, es in ihren Händen zu halten. Es gab nur wenige Momente, in denen ich Menschen so schmerzvoll habe weinen sehen. Es ist ein Weinen, dass Dir durch Mark und Bein geht.

Wir können die Tragweite einer solchen Entscheidung nicht überblicken. Wir können vorher nicht wissen, wie das Leben sich entwickelt und wie schwer oder leicht es sein wird, mit solch einer Situation umzugehen. Frag eine Mutter, ob sie sich in der Schwangerschaft ihr Leben mit („normalem“) Kind so vorgestellt hätte, wie es heute ist. Jede würde nein antworten! Das Leben ist nicht planbar. Nicht einmal beim dritten Kind können wir realistisch einschätzen, wie es sein wird. Jedes Kind bringt seinen eigenen Charakter mit und beeinflusst die Familie auf völlig neue Weise.

Aber was wir heute mit Gewissheit sagen können, ist, dass eine Abtreibung in der Seele der Eltern zu einem großen Loch führt, das Jahre braucht, um zu heilen, wenn es überhaupt gelingt. Es wird nicht nur die Eltern als Einzelpersonen und Paar beeinflussen, sondern auch alle ihre lebenden Kinder.

Wenn solch ein Test zur Kassenleistung wird, werden noch mehr Paare unreflektiert eine Abtreibung wählen und viel Schmerz in sich selbst und ihrer Familie anrichten. Das Wissen darum, welche Auswirkungen eine Abtreibung auf unser Inneres hat, ist noch mehrheitlich unbekannt und wird oft als negative Beeinflussung abgestempelt. Ich kann nur aus meiner eigenen Erfahrung sprechen, dass bereits der Gedanke daran große Schuld und Schmerz in mir ausgelöst hat. Und ich möchte jeder Mutter und jedem Vater diesen Schmerz ersparen.

An alle Eltern: Traut euch! Das Leben hat euch diesen Menschen nicht grundlos geschickt. Ihr werdet daran auf unvorstellbare Weise wachsen und völlig neue Möglichkeiten im Leben erfahren!


Kostenloses Beratungsgespräch unter: reisezumbewusstsein.de

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