Die Krankheit der Generation Y und Z

Laut allgemeinem Verständnis gehören zur Generation Y und Z die Jahrgänge 1981-1995 und 1995 – heute.

Einige Merkmale unterscheiden die zwei Generationen, doch eine Eigenschaft haben sie gemein: den Glauben daran, es gäbe noch etwas Besseres als den Status quo.

Sie wollen die Welt verändern, wollen es – wie die meisten Generationen vor ihnen – besser machen als die „Alten“ und geben sich mit ungenügenden Umständen nicht zufrieden. Doch so positiv diese Weltanschauung klingt, so kontrovers ist die Umsetzung.

Ich bin Jahrgang ’88. Jahrelang war ich stolzer Digital Native. Was verstehen die „Alten“ schon von der Welt von Morgen, wenn sie nicht mit Computern und Handys aufgewachsen sind?! Noch dazu gelangte ich schnell in die boomende IT-Branche, in der ohnehin alles möglich schien, woran anderswo nicht im Traum gedacht wurde.

Doch mit den Jahren des Studiums und der Arbeit wurde ein Bild immer deutlicher: die Aussicht auf das „Bessere“ irgendwo anders führt dazu, dass viele ihren Job wie ihre Unterhose wechseln. Und was sie beruflich tun, machen sie natürlich auch privat in ihren Beziehungen. Sich für einen Partner zu entscheiden, scheint immer schwieriger, denn irgendeinen Makel hat ja jeder, und will ich mich damit herumplagen, wenn ich doch den perfekten Menschen und den perfekten Job mit einem weiteren Klick finden könnte?!

Aus innerer Unzufriedenheit folgt der leichte Weg der Trennung und dann eine neue Partnerschaft. Doch was beruflich chic geworden ist, tut privat irgendwann richtig weh.

Wir lernten, dass uns alles offen steht und wir die beste denkbare Welt als Ziel im Auge haben sollten, statt uns von Kritikern, Zweiflern und Rechthabern ausbremsen zu lassen. Doch das Ergebnis ist eine große Fluchtgeneration. Nicht nur die zu uns kommenden Flüchtlinge beschäftigen uns täglich. Wir selbst fliehen zwar nicht aus dem Land, dafür aber immer häufiger aus unserem Leben. Dabei hinterlassen wir immer mehr Baustellen, weil es zu unbequem ist, den eingefahrenen Karren aus dem Dreck zu ziehen.

Unsere Generation lässt sich überspitzt in zwei Menschentypen einordnen: die Chiller und die Weltverbesserer.

Die Chiller sind selten pünktlich, unverbindlich und völlig desinteressiert an Arbeit und gesellschaftlichen Themen. Sie befinden sich in der Schwebe zwischen Entspannung und Ignoranz. Die Weltverbesserer dagegen sind heutzutage die Karrieresüchtigen, die an einem sinnstiftenden Produkt in einer selbstbestimmten Umgebung arbeiten möchten, sich aber so verbissen mit der Arbeit identifizieren, dass sie früher oder später ausbrennen. Sie unterscheiden sich also durch ihr Engagement und die innere Distanz zur Arbeit. Während Erstere viel Distanz, aber wenig Engagement aufweisen, haben Letztere meist wenig Distanz, dafür viel Engagement. Beides führt letztendlich zu Unzufriedenheit, was dann meist in einer Kündigung und der Suche nach dem Besseren anderswo endet.

Es ist nötig, an eine bessere Welt zu glauben und Werte wieder vor Profit zu stellen. Keine Frage. Doch leider brachte uns niemand bei, wie wir mit innerer Unzufriedenheit umgehen können. Wir suchen den Grund dafür immer in den äußeren Umständen. Es wurde zur Krankheit, durch ständigen Aktionismus und Rastlosigkeit einen kurzen Moment der Euphorie hervorzurufen, der jedoch schnell von der Realität eingeholt wird, die nach wahrer Bearbeitung der Ursachen für die Unzufriedenheit und den fehlenden Lebenssinn strebt.

Was wir uns selbst – und schließlich unseren Kindern – beibringen müssen, ist die Sinnsuche in uns selbst, statt im Außen. Wir müssen individuelle Methoden finden, die uns zu innerer Ruhe bringen und so eine gesunde Distanz zur Arbeit und äußeren Einflüssen ermöglichen. Wenn wir diesen Zustand erreicht haben, müssen wir Geduld und Vertrauen üben. Denn jedes gute Start-up ist irgendwann ein Konzern. Und die Welt wird sich nicht verbessern, wenn überall Baustellen zurückbleiben, um die sich aus Bequemlichkeit keiner mehr kümmern möchte. So enden wir höchstens im weltweiten Stau.

Wenn wir aus unserer tiefsten, unerschütterlichen, gelassenen Mitte mit Liebe agieren und entscheiden, erkennen wir den Wert des Vorhandenen und die Chancen der gemeinsamen Weiterentwicklung.

Das ist echter Mut.

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