Ich schreibe diesen Eintrag insbesondere für Familien, die im Krankenhaus entbinden. Sie haben oft keine Hebamme an ihrer Seite, die sie kennen und von der sie wissen, ob sie sie beruhigt oder eher verunsichert. Auch wechseln die Hebammen oft und die Umgebung trägt nicht immer zur Entspannung bei. Ich empfehle auch jeder Frau, die ohne Mann ihr Kind zur Welt bringt, sich eine wohlwollende Begleitperson mitzunehmen, die ihre Wünsche im Zweifel durchsetzt, sie beruhigen, ihr zusprechen und Beistand leisten kann. Insbesondere bei der ersten Geburt. Das kann eine Freundin oder eine Beleghebamme sein. Hauptsache eine Person, zu der sie Vertrauen hat und schon vor der Geburt sprechen konnte.
Wie kann der Mann also zu einer angenehmen Geburt beitragen? Er ist da, um die Frau in jeglicher Hinsicht zu entlasten und zur Entspannung anzuregen. Zugleich ist er ihr Sprecher und Beschützer. Geht davon aus, dass die Frau nach einer gewissen Zeit nicht mehr gewillt ist, Entscheidungen zu treffen und vielleicht auch manchmal ein Brett vor dem Kopf hat, weil sich ihr Körper gerade in einem Ausnahmezustand befindet.
Ich zähle nun also auf, was normalerweise eine gute Hebamme im Blick hat und woran natürlich auch die Frau selbst denken könnte, aber es hilfreich ist, wenn der Mann es ebenfalls berücksichtigen kann.
0. Wie erkennen wir, dass es sich um Geburtswehen handelt? Wenn die Wehen auch in der Badewanne nicht nachlassen, geht es jetzt los.
1. Wenn die Wehen beginnen, habt ihr in der Regel bei der ersten Geburt noch viel Zeit.
Wir sind erst sechs Stunden später Richtung Geburtshaus gefahren und hatten auch dort noch Zeit, um spazieren zu gehen. Bleibt also so lange es geht zu Hause! Das können gern acht Stunden sein. Erst wenn ihr wirklich das Gefühl habt, jetzt sind die Wehen regelmäßig und intensiv, fahrt ihr los. Das ist einer der wichtigsten Punkte zur Vorbereitung. Ich sage das nicht einfach so. Eine angenehme Geburt hat vor allem mit den Hormonen zu tun. Diese Hormone reagieren extrem sensibel auf die Gefühlslage der Frau. Wenn sie plötzlich unsicher, ängstlich oder unentspannt wird, gehen die Hormone in den Keller. Und das heißt, dass die Wehen schwächer werden und die Geburt somit verlangsamt wird. Die Verlagerung ins Krankenhaus ist einer der häufigsten Gründe dafür, dass wundervolle Wehen plötzlich aufhören. Das ist vor allem dann schlimm, wenn die Geburt mit einem Blasensprung begann und nun entsprechend nur noch 24 Stunden Zeit für die Geburt ist, um das Kind nicht zu gefährden. Tritt dieser Fall ein, ist mit Hektik in der Klinik zu rechnen, was sich wieder negativ auf die Gefühle der Frau auswirkt. Bleibt also möglichst lang in einer angenehmen Umgebung.
2. Sorgt dafür, dass die Frau regelmäßig trinkt. Sie sollte genug Flüssigkeit während der Wehen-Phase zu sich nehmen. Das geht gut mit einem Strohhalm. Nahrung ist in dieser Phase nicht wichtig. Im Wochenbett ist die Flüssigkeitsaufnahme ebenso wichtig. Versorgt eure Frau immer mit genügend Wasser oder Tee durch einen Strohhalm, damit sie die Hände frei hat zum Stillen. Das wirkt sich auch günstig auf den Milcheinschuss aus!
3. Sorgt dafür, dass die Frau regelmäßig auf Toilette geht. Es verlangsamt die Geburt ungemein, wenn eine volle Harnblase dazwischen ist.
4. Ihr seid verantwortlich dafür, dass sich die Frau entspannen kann. Was auch immer euch einfällt, tut es, um sie zu beruhigen und zu entspannen. Mir hat damals geholfen, mir in jeder Wehe innerlich zu sagen „Alle Muskeln lockern sich.“ Wenn nötig, setzt euch also neben oder hinter eure Frau und wiederholt gebetsmühlenartig diese oder ähnliche Worte, die ihr zusagen, damit sie sich ausschließlich auf die Entspannung konzentriert und allen Trubel um sie herum ausblendet.
5. Wenn ihr merkt, dass sich eine Hebamme negativ auf die Stimmung eurer Frau auswirkt, dann schmeißt sie raus. Keine Hebamme der Welt ist es wert, sie im Raum zu behalten, wenn sie eure Frau unruhig macht oder verunsichert. Im Zweifel werft ihr sogar alle Personen aus dem Raum und bleibt allein. Das ist absolut nicht dramatisch, denn selbst wenn etwas passieren sollte, ist schnell genug wieder jemand da. Bleibt also im Zweifel ruhig mal eine Weile zu zweit im Raum und konzentriert euch auf das Loslassen.
6. Wenn ihr merkt, dass es eurer Frau nicht gut geht, sie aber seit 15 Minuten in einer Position verharrt, dann regt sie dazu an, die Position zu wechseln. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Entspannung bringen können: Auf einem Gymnastikball wippen, sich an ein Tuch an der Decke hängen, sich mit dem ganzen Gewicht an den Hals des Mannes hängen, sich auf einen Stuhl setzen, im Raum herumlaufen, sich auf die Seite legen, sich in den Vierfüßlerstand begeben, tanzen, singen, schreien, lachen, weinen. Alles ist erlaubt, was Linderung bringt und die Frau entspannt. Seid kreativ und probiert aus. Akupunktur hilft auch sehr vielen Frauen. Diese lockert den Muttermund und kann so entscheidend zu einer schnelleren Geburt beitragen. Vielleicht gibt es ein solches Angebot im Krankenhaus.
7. Lasst nicht zu, dass eure Frau die ganze Zeit am CTG hängt. Das ist völlig unnötig! Es reicht, wenn die Hebamme die Herztöne regelmäßig für ein paar Minuten überprüft. Andernfalls schränkt dies nämlich die Frau enorm in ihrer Bewegungsfreiheit ein.
8. Achtet darauf, dass eure Frau die Gesichtsmuskulatur entspannt. Diese hängt direkt mit der Muskulatur im Beckenboden zusammen. Wenn sie also die Mundpartie anspannt, verkrampft sich auch dort alles, wo das Baby rauskommen soll. Regt sie dazu an, den Mund zu lockern, auf A zu tönen, alles zu entspannen.
9. Wenn irgendwer von Pressen spricht, intervenieren! Gepresst wird erst ganz am Schluss einer Geburt. Und das fühlt sich ungefähr wie starke Verstopfungen auf dem Klo an. Eine Geburt hat einzig und allein etwas mit Loslassen und Entspannen zu tun. Das Kind drückt sich ganz von allein durch den Geburtskanal. Jegliches Pressen führt dazu, dass sich die Muskulatur anspannt und das Kind darin behindert wird, weiterzurutschen. Es verlangsamt also die Geburt extrem und schwächt Mutter und Kind. Der Press-Drang kommt ganz von allein, wenn das Kind soweit ist. Dann sollte die Frau einfach mit dem Gefühl gehen und immer wieder stoppen, wenn es zu schmerzhaft ist. So wird nämlich die Muskulatur nach und nach gedehnt und es kommt nicht zum Reißen des Damms. Blindes Pressen führt schlimmstenfalls zu starken Verletzungen.
10. Was auch immer passiert, verhindert, dass sich die Frau auf den Rücken legt. Natürlich darf sie sich mal zum Ausruhen hinlegen und auch liegen bleiben, wenn es ihr wirklich gut tut. In der Regel aber wollen die meisten Frauen aufrecht sein und sich bewegen. Die Käferstellung ist nicht nur wenig schmerzlindernd, sie wirkt sich auch negativ auf den Geburtsverlauf aus. Denn es gilt das Motto: Schwerkraft wirkt Wunder! Das Baby kann viel leichter durch das Becken rutschen, wenn es durch die Schwerkraft unterstützt wird. Das ist weniger kräftezehrend für das Baby und somit auch für die Mutter. Zudem ist der Verlauf des Beckens nicht ganz gerade. Liegt die Frau also am Schluss auf dem Rücken, muss das Baby sich zudem nach oben drücken, was für beide sehr unangenehm ist.
Nun kommt es aber vor, dass eine Frau eine PDA bekommt oder verlangt. Dann wird ihr oft mitgeteilt, dass sie sich nun nicht mehr im Raum bewegen dürfe, was sie auch oft einfach nicht mehr kann. Dieser Hinweis ist berechtigt, denn die Beine sind nun schwach und es droht die Gefahr, dass die Frau umkippt. Dennoch ist die Rückenlage nicht die einzig mögliche in dieser Situation. Weiterhin kann die Frau sich auf die Seite legen oder im Vierfüßlerstand stehen. Bitte verhindert, wenn es irgendwie möglich ist, dass sie in Rückenlage verharren muss!
11. Wenn eure Frau gerne stillen möchte, dann gibt es eine Regel: Anlegen innerhalb von zwei Stunden nach der Geburt. Diese Zeitspanne ist enorm wichtig, weil die Erfahrung gezeigt hat, dass es danach um ein Vielfaches schwieriger ist, den Milcheinschuss bei der Frau in Gang zu setzen. Das heißt, dass ihr dann die nächsten Wochen viele Probleme, Schmerzen und unruhige Zeiten haben werdet, denn selbst wenn dann Milch kommt, bleibt diese oft auf einem niedrigen Niveau, wodurch das Kind nicht satt wird, also viel schreit und zudem schnell eine Hebamme sagen wird, dass das Kind nicht genug zunimmt und daher zugefüttert werden sollte, was wieder die Milchproduktion hemmt, weil nun noch weniger Nachfrage an die Brust signalisiert wird. Was auch immer passiert, ihr sorgt dafür, dass das Baby sofort oder wenigstens innerhalb der ersten zwei Stunden an die Brust angelegt wird. Eure Frau ist möglicherweise erschöpft und das Baby schläft vielleicht auch ganz schnell wieder ein. Dennoch legt ihr das Baby an!!! Weckt es, weckt eure Frau, verscheucht alle Personen, die diese zwei Stunden behindern könnten.
Oft liegt es aber auch daran, dass die Frau gleich nach der Geburt in den OP-Saal muss. Beispielsweise wenn sich die Plazenta nicht vollständig gelöst hat. Besteht darauf, dass erst das Kind angelegt wird! Diese OP kann 10 Minuten warten, glaubt mir. Euer Kind kann es nicht.
12. So viele Frauen haben mir berichtet, dass die Geburt noch erträglich, die Wochenbettbetreuung im Krankenhaus aber überhaupt nicht angenehm war. Wenn ihr den Eindruck habt, dass es eurer Frau im Krankenhaus nicht gut geht oder ihr größere Stillprobleme habt, geht nach Hause! So ziemlich jede Frau ist in der Lage, sich im eigenen Bett auszukurieren, wenn sie entsprechend von einer Person dort betreut wird. Dafür braucht niemand ein Krankenhaus. Die Wochenbettbetreuung kann auch problemlos zu Hause von einer Hebamme durchgeführt werden. Sinnvoll ist es, sich schon vor der Geburt eine solche Hebamme zu organisieren. Die meisten Still- und Schlafprobleme entstehen, weil Mutter und Kind sich nicht wohlfühlen im Krankenhaus und weil Klinik-Hebammen leider nicht mehr gut geschult sind, Anleitung zum Stillen zu geben. Menschen können nicht instinktiv stillen. Sie müssen es von anderen lernen. Es ist also das A und O für jede Frau, sich entweder vor der Geburt intensiv damit auseinanderzusetzen oder eine gute Stillberatung zu erhalten. Falsches Anlegen, falsches Saugen, falsche Haltung, all das führt zu Schwierigkeiten, die weitere Probleme nach sich ziehen.
13. Im Wochenbett kommen regelmäßig Hebammen oder anderes Personal in den Raum. Wenn ihr merkt, dass einige kaum nach der Begrüßung schon irgendetwas im Körper der Frau suchen und eure Frau zurecht irritiert reagiert, schützt sie! Sorgt dafür, dass diese Personen das in Zukunft unterlassen. Eine solche Untersuchung ist als Sicherheitsmaßnahme gedacht, ist aber völlig unnötig, wenn es dafür keinen Anlass gibt. Es ist übergriffig und respektlos, so mit einem Menschen umzugehen. Leider vergisst das Personal in Krankenhäusern häufiger, dass es sich um Menschen handelt.
Ich hoffe, diese Punkte helfen euch, ruhig und entspannt ins Krankenhaus zu fahren und eure Frau bei der Geburt zu unterstützen. Letztlich zählt, was der Frau gut tut. Das können die verrücktesten Ideen sein. Wenn es hilft, ist es gut. Ihr wisst am besten, was ihr braucht. Das kann euch kein Arzt und keine Hebamme erzählen. Vertraut einfach eurer Intuition und lasst euch keine Panik machen!
Als Vorbereitung für die Geburt empfehle ich auch die Artikel Unnötige Vorgehensweisen im Kreissaal, Baby-Erstausstattung sowie allgemeinere Tipps und Tricks.
Das sind viele wichtige Informationen, die einer werdenden Mutter helfen können, entspannt zu bleiben und auf jeden Fall gut für sich und damit das Baby zu sorgen.
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