Ich möchte zum Einstieg von einem Buch aus dem Jahre 1998 berichten.
Es handelt sich um das Buch Auf der Suche nach dem verlorenen Glück von Jean Liedloff.
Eine angehende französische Ärztin berichtet, wie sie im Urwald bei einem alten Stamm gelebt und die Menschen beobachtet hatte. Dort war ihr aufgefallen, dass die Kinder nie so schrill und viel schrien wie in Europa. Dieser Sache wollte sie auf den Grund gehen, indem sie den Stamm mehrere Jahre begleitete. Schließlich führte sie das scheinbar ruhigere Verhalten der Kinder auf den ständigen Körperkontakt zurück, den sie durch ihre Mutter oder andere Bezugspersonen erhielten. Babys und Kleinkinder wurden dort immer in Tüchern am Körper getragen. Meist bei der Mutter, manchmal bei Geschwistern oder anderen Verwandten. Bei der Arbeit, beim Kochen, beim Baden. Zudem wurden sie sehr lange gestillt und der Wunsch nach Nähe oder Stillen wurde nie verwehrt. Jean Liedloff nennt es letztlich das „Urvertrauen“, das sich bei den Kindern im Urwald durch den engen Körperkontakt entwickelte. Zwischen Mutter oder Bezugsperson und Kind entstand eine äußerst enge Bindung, da das Kind bei allen Aktivitäten dabei war und stets Sicherheit spürte. Diese Sicherheit ermöglichte es den Kindern, viel schneller als in Europa üblich selbstständig und neugierig die Welt zu entdecken. Am Körper der Mutter tankten sie Liebe, Geborgenheit und Sicherheit und waren umso entdeckungsfreudiger, wenn sie nicht getragen wurden. Gleichzeitig waren sie in sich deutlich ausgeglichener. Ihrem Urinstinkt wurde Genüge getan, die Nähe zur Mutter so lange in Anspruch zu nehmen, bis das Kind sich auf eigenen Beinen sicher fühlt. Wäre die Menschheit nicht auf diese Weise aufgezogen worden, würde es uns heute wohl nicht mehr geben, denn ein Kind, das nicht am Körper der Mutter hing, war Raubtieren, Hitze und Kälte schutzlos ausgesetzt.
Folgender Vortrag handelt davon, dass die Nähe zur Mutter schon seit Jahrtausenden existenziell für Babys und Kleinkinder ist und es davon kein Zuviel gibt. Verwöhnt Nähe?
Heutzutage glaubt man oft, dabei handele es sich um eine andere Zeit, heute sei man weiter. Kinderwagen werden zu einem Hightech-Produkt und es werden immer ausgefallenere Ideen entwickelt, ein Kind ruhig zu stellen, ohne dass Mama beim Putzen, Lesen oder Telefonieren gestört wird. Babys werden in einen Babywipper gesetzt, der elektrisch betrieben schaukelt. Im Kinderwagen starrt das Kind gegen eine bunte Decke, an der unbekannte Gegenstände hängen. Mama ist nur schwer zwischen all den Tierchen zu entdecken. Dabei müssen wir uns klar machen, dass wir zwar technologisch weit vorangeschritten sind, uns jedoch evolutionär kaum verändert haben. Das bedeutet, dass ein Baby noch immer instinktiv die Nähe zur Mutter sucht und gestillt werden will, um zu überleben.
Ein weiterer Artikel berichtet davon, dass getragene Kinder deutlich ruhiger sind und ihr Herzschlag deutlich langsamer wird, wenn sie getragen werden. Warum Tragen so wichtig ist.
Eine weitere Seite, die sich mit dem Tragen von Kindern beschäftigt, zitiert folgendes aus einer Studie: „Vergleichende Studien haben gezeigt, dass Kinder die viel getragen werden, sich schneller von der Mutter lösen und frühzeitiger selbständiges Verhalten zeigen, als Kinder, denen ein tragender Umgang verwehrt war.“
Indem wir unseren Kindern die Nähe und Zuwendung schenken, die sie im Tragetuch oder einem Tragegurt erhalten, fördern wir ihre Bindungskraft, ihr Sozialverhalten, ihre Selbstsicherheit und sogar ihre Gesundheit. Ohne viel Aufwand legen wir auf diese Weise einen unendlich wertvollen Grundstein, der unser Kind ein Leben lang begleitet und in allen Krisensituationen unterstützt.
Wie kommt es also zustande, dass die westliche Gesellschaft mehr und mehr ihre Kinder in Kinderwagen steckt und sich immer mehr von den Ursprüngen, einem natürlichen Umgang mit Säuglingen entfernt? Wieso machen wir aus Traglingen lieber Lieglinge?