Vater und Kind

„Werd‘ bloß nicht wie dein Vater…“ höre ich hin und wieder von Müttern. Viele Frauen tragen eine mehr oder weniger bewusste Wut gegenüber Männern in sich. Insbesondere alleinerziehende Mütter haben damit zu kämpfen, mit der Trennung vom Partner sowie der alleinverantwortlichen Erziehung des Kindes und des Alltags zurechtzukommen. Nicht selten bleibt dabei Wut über den Mann zurück. Wir irren uns gewaltig, wenn wir glauben, ein Kind würde nur das mitbekommen, was wir ihm erzählen. Im Gegenteil, es wird umso verwirrter sein, wenn sein Gefühl nicht zu dem passt, was die Eltern ihm mitteilen.

Viele alleinerziehende Mütter lehnen den Kontakt zwischen Vater und Kind ab oder fördern ihn zumindest nicht. Das mag mit dem eigenen Schmerz oder Wut zu tun haben oder mit der Befürchtung, der Vater könnte einen schlechten Einfluss auf das Kind haben.

Auch wenn es altmodisch klingen mag, braucht ein Kind seinen Vater ebenso wie die Mutter. Wie ich im Artikel „Wo ist der Platz des Kindes?“ schrieb, ist es wichtig, dass Mutter und Vater ihre Rolle als Entscheider und Erwachsene gegenüber dem Kind einnehmen. Ebenso braucht ein Kind zum weiblichen Part auch den männlichen. Kinder, denen der Kontakt zum Vater vorenthalten oder deren Vater seitens der Mutter schlecht geredet wird, zeigen meist spätestens in der Jugend auffälliges Verhalten. Sie rebellieren äußerst stark, neigen zu Süchten oder vertreten mehr und mehr die Meinungen des Vaters und lehnen gleichermaßen die Mutter ab. Nicht selten verteidigen sie unbewusst den Vater oder machen sogar dessen, vielleicht von der Mutter abgelehnten, Verhaltensweisen nach.

Doch auch bei gemeinsam lebenden Eltern kommt es zu dieser Art verächtlichen Bemerkungen über den anderen. Man sollte sich dann stets vor Augen halten, dass jedes Kind sowohl aus Mutter als auch aus Vater besteht und beide immer gleichermaßen liebt. Egal welche Kränkung zu den abfälligen Bemerkungen über den anderen geführt haben, schaden wir unserem Kind, diese an ihm abzulassen, statt mit dem Partner darüber zu reden.

Die Beziehung zwischen Vater und Kind ist von so großer Bedeutung, wie die zwischen Mutter und Kind. Sie ist ganz anders und wird mit dem Alter des Kindes immer intensiver. Sowohl Jungen als auch Mädchen wachsen an ihrem männlichen Vorbild und suchen dieses gleichermaßen stark im Leben.

Egal ob alleinerziehend oder nicht, sollte jede Mutter ihr Kind darin unterstützen, auch zum vermeintlich schlimmsten Vater Kontakt zu halten, denn die Liebe eines Kindes kennt keine Grenzen. Es liebt seine Eltern, auch wenn diese im Gefängnis sitzen oder einer radikalen Gruppe angehören. Auch wenn nicht jeder Vater den Kontaktwunsch des Kindes erwidern kann, lohnt sich die Mühe, diesen immer wieder anzusprechen, nicht locker zu lassen, und dem Kind als Mutter stets zu vermitteln, dass es die volle Unterstützung darin erhält, es immer wieder zu versuchen.

Natürlich ist die gelebte Liebe zwischen den Eltern das größte Geschenk für ein Kind, dennoch können auch getrennte Eltern dem Kind ihre gegenseitige Achtung vermitteln und es mit Liebe zum anderen gehen lassen.

Siehe dazu auch: „Wie Kinder glücklich werden…

2 Gedanken zu „Vater und Kind

  1. Hallo,
    ich habe als Psychologin zu dem Thema in der Beratung von Eltern bzw. Müttern einige eklatante Fälle erlebt. Interessant war : sobald eine Mutter erkannt hatte, dass sie (oft unbewusst) den Vater ihres Kindes ablehnte, und sie sich wieder für ihn öffnete besserte sich die Beziehung sowohl zum Kind als auch zum Vater. Oft waren dann auch die beliebten Unterhaltsprobleme schlagartig „kein Thema mehr“.

    Fazit: Ist die Beziehung der Eltern geklärt, spielen Geldfragen keine Rolle mehr.

    Ein Beispiel aus der Praxis:
    Eine Mutter, mit der ich einige Zeit an der Versöhnung mit ihrem türkischen Lebenspartner gearbeitet hatte, gab diesen Wunsch nach mehreren Versuchen auf. Sie trennte sich, das gemeinsame Kind blieb bei ihr. Später kam ein Anruf von ihr: Ihr Lebensgefährte war drogenabhängig geworden und sie wollte nun gerichtlich erwirken, dass er „nie mehr Zugang zu seinem Kind“ erhalten sollte, obwohl er es innig liebte. Dazu sollte ich ihr ein Gutachten erstellen.
    Im Hinblick auf die Zukunft des Kindes gab ich mich für dieses Ansinnen jedoch nicht her.

    Ich verlor die Klientin, die mir aufgrund meiner Weigerung böse wurde. Langfristig, so glaube ich jedoch, habe ich das Wenige getan, was ich in dieser Situation für das Kind tun konnte: eine Stimme f ü r den Vater aufrecht zu erhalten – so schwer es angesichts der Situation war.

    Heute haben Vater und Kind wieder Kontakt zueinander.

    Hätte ich der juristischen „Keule“ eines Umgangsverbots zugestimmt, wäre dies enorm erschwert worden.
    Hinzu kommt, wie mittlerweile viele Untersuchungen bestätigen, dass Sucht und Drogenabhängigkeit mit dem „fehlenden Vater“ in engem Zusammenhang stehen.
    Ich hätte also einer Wiederholung der väterlichen Suchtabhängigkeit im Leben des Kindes ungewollt Vorschub geleistet.

    Herzlichen Gruß
    Louise B.

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