Momentan gibt es kaum ein Thema, das mich mehr aufregt und aus der Ruhe bringt. Unsere Tochter ist nun fast 4 ½ Jahre alt und seit kurzer Zeit ist sie täglich im Süßigkeitenfieber. Man könnte es auch Zuckerwahn nennen. Die erste Frage nach dem Aufstehen ist: „Kann ich was Süßes?“. Und so geht es den ganzen Tag weiter. Im Supermarkt ist es jedes Mal ein Drama, wenn ich weder den Riesen-Schokohasen für 5€ noch das fußballgroße Oster-Schoko-Überraschungsei kaufe.
Was also tun, um wieder Normalität in dieses Thema zu bringen?
Ein Rückblick: unsere Tochter war und ist kein übermäßiger Esser. Sie isst bis sie satt ist und das kann mitunter sehr schnell sein. Bis zu ihrem ersten Geburtstag interessierte sie sich quasi überhaupt nicht für andere Lebensmittel außer Muttermilch. Bis sie zwei Jahre alt war, gab es eher selten Süßigkeiten, da sie nicht danach verlangte. Mit drei Jahren wurde es dann etwas mehr, dennoch war es weiterhin nebensächlich. Als sie sich nun mit knapp über vier Jahren selbst abstillte, erfuhr der Zuckerkonsum neue Ausmaße. Wir als Eltern essen gerne mal ein Stück Kuchen, haben aber ansonsten keine Süßigkeiten tagsüber auf dem Tisch.
Um dieses Thema herrscht eine erbitterte Diskussion. Die einen verteufeln Zucker und lassen es in keiner Form ins Haus. Die anderen sind Verfechter der Meinung, ein Kind sollte freien Zugang dazu haben und so viel davon bekommen, wie es möchte. Keine Meinung ist klar einer besonderen Gruppierung zuzuordnen, jeder kämpft hier seinen eigenen Meinungskampf. Als die Phase nun bei uns losging, waren wir erstmal überrascht. Bisher gab es zwar kein Verbot von Zucker, es sollte aber unserer Ansicht nach auch nicht zu viel werden. Mir schwirrte immer die Empfehlung der WHO im Kopf herum, dass ein Kind nicht mehr als 12g Zucker am Tag essen sollte. Doch das schien mir bei ungezügeltem Verzehr schon sehr schnell erreicht. Also führten wir Grenzen ein. Es gab dann eine bestimmte Menge in die Hand und mehr sollte es nicht sein für den Tag. Doch unsere Tochter war natürlich schlau und merkte rasch, dass wir nicht völlig eindeutig mit dieser Menge waren. Mal waren es fünf Gummibärchen, dann sechs Kekse. Also fing sie jedes Mal an, zu verhandeln. Und je nach Stimmung hatte sie damit Erfolg oder auch nicht. Jeden Tag gab es Geschrei. Ich hatte das Gefühl, dass die Süßigkeiten mit jeder Grenze interessanter würden. Also beschlossen wir eine Testphase von zwei Wochen, in der wir gar nicht regulieren wollten und sie alles bekommen sollte, wonach sie fragte. Ergebnis: es artete völlig aus. Eine Kekspackung, von der sie zuvor eine Handvoll aß, wurde nun täglich leer gegessen. Und danach fragte sie nach weiteren Süßigkeiten. Wir beendeten das Experiment enttäuscht. Vielleicht hätte es sich irgendwann selbst reguliert. Wir wissen es nicht. Ich persönlich bin eher davon überzeugt, dass sich Kinder in diesem Alter bei bestimmten Süßigkeiten nur sehr bedingt selbst begrenzen können. Was da ist, wird in der Regel auch gegessen. Es schmeckt ja so gut und sättigt zugleich nicht. Also musste eine neue Lösung her. Mein Mann und ich setzten uns immer wieder zusammen, um zu diskutieren und einen guten Umgang zu definieren. Dabei kamen wir zu der Frage: Was ist eigentlich ein guter Umgang mit Süßigkeiten? Auch für Erwachsene. Wir fragten die Erzieher der Kita, andere Eltern und Bekannte. Eine Erzieherin sagte überzeugt: „In einer Gruppe erkennt man die Kinder, die keine Süßigkeiten dürfen, sofort: sie sind die ersten, die sich an Geburtstagen auf den Kuchen und die Süßigkeiten stürzen.“ Auf Basis unserer Überlegungen und verschiedenster Empfehlungen anderer beschlossen wir fünf Regeln:
- Süßigkeiten erst nach dem Frühstück und vor dem Abendessen, damit der Körper gut in den Tag starten kann und nachts nicht übermäßig arbeiten muss.
- Süßigkeiten nur am Esstisch.
- Keine Süßigkeiten beim Einkaufen, außer denen, die auf unserer Einkaufsliste stehen.
- Wir versuchen, jeden Tag gemeinsam einen süßen, aber auch sättigenden Snack für den Nachmittag zu machen, wie Porridge mit Ahornsirup, Grießbrei, Schokopudding, Joghurt..
- Vor den Süßigkeiten wird ein Glas Wasser getrunken.
Diese neue Umgangsweise besprachen wir mit unserer Tochter und bereitete sie so auf den ersten Tag vor. Und tatsächlich entspannte sich plötzlich die Situation. Nach dem Glas Wasser und der anschließenden Süßigkeit verlor sie deutlich schneller das Interesse daran. Zwischendurch wurde nicht mehr ständig nach Süßigkeiten gefragt, da es nun ja Klarheit gab, wann und wo es diese gab. Neben den Regeln, die das Wann und Wo festlegten, war das Wasser der wichtigste Beschluss. In der Lehre der Ayurveda sagt man, dass der Körper mehr Flüssigkeit braucht, wenn er stark nach Süßem giert. Zudem hat Wasser auch eine sättigende Wirkung und mildert das Verlangen nach Süßem im Mund.
Natürlich sind diese Regeln im Wandeln: Wenn sich die Umstände ändern, werden auch die Regeln angepasst. Ich möchte hier auch nicht unsere Umgangsweise als die einzig richtige darstellen. Ich möchte euch viel mehr raten, für Klarheit zu sorgen. Setzt euch als Paar zusammen, fragt andere, wie sie damit umgehen und legt eine eindeutige Umgangsweise fest, mit der ihr und euer Kind euch wohlfühlt. Das kann heißen, dass euer Kind jederzeit Süßigkeiten essen darf und immer etwas auf dem Tisch steht. Es kann auch heißen, dass es jeden Tag drei Kekse gibt oder gar keinen Zucker. Jedes Kind ist anders und jede Familie ist anders. Ihr solltet stets nur das vom Kind erwarten, was ihr auch selbst bereit seid, vorzuleben. Aber wobei ich mir ganz sicher bin, ist, dass es jedem Kind gut tut, zu wissen und vor allem zu spüren, wie die Haltung der Eltern zum Umgang mit Süßigkeiten ist. Wenn ihr gemeinsam Klarheit habt, könnt ihr deutlich entspannter damit umgehen und kommt auch nicht in Erklärungsnot.
Essen ist solch ein Genuss! Wir sollten unseren Kindern vor allem die Freude daran lassen und vermitteln, wie sie sich ernähren können, um ihren Körper bestmöglich zu stärken.
Meiner Meinung nach ist Zucker auch ein wichtiger Bestandteil der Ernährung von Kindern deswegen gibt es auch kein striktes Süßigkeitenverbot bei mir. Ich finde es aber wichtig Kinder über ihren Konsum aufzuklären und zu vermitteln, dass alles in Maßen zu verzehren ist.
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