Ein wenig still ist es hier geworden.. Seit einigen Monaten hört man nicht so viel von mir. Das mag vor allem an der Geburt meines zweiten Kindes liegen. Nun sind wir nicht mehr nur Eltern eines vierjährigen Mädchens, sondern auch eines mittlerweile sieben Monate alten Jungen. Seine Geburt hat viel in mir bewegt und natürlich unsere kleine Familie grundlegend verändert. Mit einem Kind sind wir zu allen Geburtstagen, Einweihungsparties und Kochabenden gegangen. Unsere Tochter war überall dabei und schlief auch überall ein.
Mit zwei Kindern verändert sich die Welt drastisch. Plötzlich reichen zwei Arme nicht mehr, um alle zufriedenzustellen. Plötzlich sind da zwei Kinder mit sehr oft sehr unterschiedlichen Bedürfnissen. Plötzlich merkt man, dass man selbst körperlich am Ende ist, wenn man versucht, jedem Bedürfnis aller Teilnehmer nachzugehen. Denn in den seltensten Fällen denken die Kinder dabei an die Bedürfnisse der Mutter. So soziale Wesen Kinder auch sein mögen, sie sind erst deutlich später in der Lage, sich in andere hineinzuversetzen. Um genau zu sein, können sie erst mit ca. fünf Jahren sich von ihren unterscheidende Sichtweisen begreifen und mit ca. sieben Jahren Empathie entwickeln. Als Eltern müssen wir also eine Weile warten, bis die Kinder echtes Verständnis dafür haben, dass auch wir keine unendlichen Energiereserven haben und in unseren Köpfen neben Kindern noch viele andere Themen umherschwirren.
Mit zwei Kindern stellt man auch fest, dass die ach so gelobten, eigens entwickelten Methoden doch nicht bei jedem Kind gleichermaßen funktionieren. Man steht vor zwei Kindern und fragt sich, wie aus ein und denselben Eltern zwei (oder mehr) so unterschiedliche Menschen entstehen können. Und die einzige Antwort lautet: Jedes Kind bringt seinen eigenen Charakter, seine einzigartige weise Seele mit. Und wer versucht, jedes Kind gleich zu behandeln, weil es doch beim vorherigen so gut geklappt hat, der wird bitter auf die Nase fliegen. Denn in der Erziehung geht es nicht um Gleichbehandlung. Kein Kind will wie das andere behandelt werden. Es will seinen Bedürfnissen entsprechend behandelt werden. Und so landet man letztlich bei der Erkenntnis, dass die vielen tollen Eigenschaften des Kindes nicht unbedingt auf die grandiose Erziehung zurückzuführen sind, sondern einfach das sind, was das Kind von sich aus mitbringt. Es mag anfangs frustrierend klingen, dass wir längst nicht so einen großen Einfluss auf die Kinder haben, wie wir denken. Doch nach einer kurzen Denkpause ist es erleichternd. Plötzlich fühlt man sich wieder etwas befreiter, etwas entspannter, etwas gelassener. Denn es gesteht uns zu, dass wir Fehler machen dürfen, dass wir nicht perfekt sein müssen, dass wir den Dogmatismus gegen Pragmatismus eintauschen dürfen und dass unsere Kinder durch die Vielzahl der Menschen, die sie umgeben, zu großartigen Erwachsenen werden. Auch wenn das ein oder andere Erlebnis doof war. Jedes Kind trägt so viel Weisheit in sich, dass es nicht von einem einzigen ‚Fehler‘ der Eltern ein schlechter Mensch wird. Solange die Eltern den Bedürfnissen des Kindes Beachtung schenken, die tieferen Beweggründe im Blick haben und ihm Verständnis und bedingungslose Liebe entgegenbringen, wiegen oberflächliche Verhaltensweisen nicht so schwer.
Das zweite Kind holt uns ins Gedächtnis, welch Wunder da im Bauch der Mutter geschieht und dass wir es in keiner Weise beeinflussen können. Es geschieht ohne unser Zutun. Und wenn es uns das erste Mal in die Augen schaut, sehen wir die unendliche Liebe, die in diesem kleinen Wesen steckt, das unendliche Vertrauen, das es uns schenkt, ohne dass es uns je vorher gesehen hat. Und wir begreifen, dass es nicht darum geht, irgendeine Methode anzuwenden oder es besser als andere zu machen, sondern dieses kleine Wesen in seiner Einzigartigkeit anzuerkennen, innerlich mit ihm in Verbindung zu bleiben und ihm stets mit Liebe zu begegnen.
Das hast du mal wieder wunderschön gesagt! Es ist erst einmal sicher ein großer Schreck gewesen, festzustellen, dass die tollen Erziehungs“erfolge“ vielleicht nur zum Teil auf das „richtige“ Verhalten der Eltern zurückzuführen waren, und dass manches einfach vom Kind aus schon kam, Kinder auch aus Liebe vieles tun, wovon sie spüren, dass es den Erwachsenen gefällt. Und wie wichtig es ist, als Mutter immer auch die eigenen Bedürfnisse zu spüren und für sich so zu sorgen, dass die Kraft erhalten bleibt, die wir für mehr als ein Kind brauchen. Sie sind sozusagen großartige „Lehrmeister des Lebens“, indem sie die Grenzen soweit ausdehnen, bis Mama sagt „und hier komme jetzt ich an meine Grenze und werde das auch zeigen!“ Umso mehr wird sie es später rascher bemerken, wenn es ihr zuviel wird und sie sich Hilfe holen muss. Das ist auch etwas, was auf Dauer allen hilft. Lg Claude
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Ich habe ganz ähnliche Erfahrungen gemacht wie du. Mit einer Tochter konnten wir noch viel so machen wie vorher. Mein Sohn war ein sehr schlechter Schläfer und unser, besser gesagt mein Leben veränderte sich grundlegend. Und ich kann dir nur beipflichten – auch wenn man ähnlich „erzieht“, die Kinder entwickeln sich nach dem eigenen Plan. Jedes Kind ist einzigartig!
Lg Petra
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